Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.09.2013, Az.: 10 AZR 282/12
Vorinstanzen: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 23.11.2011, Az.: 5 Sa 575/10
Ausgangslage
Im Rahmen von zwei befristeten Arbeitsverträgen war der Kläger zunächst bei der Beklagten in der Zeit vom 01.02.2000 bis zum 31.12.2001 sowie vom 21.05.2002 bis zum 20.11.2003 als wissenschaftliche Hilfskraft beschäftigt. Es folgte eine weitere Tätigkeit für das Bayerische Armeemuseum bevor der Kläger für die Beklagte ab dem 19.09.2005 auf Grundlage von zehn als Werkverträge bezeichneten Verträgen weiter tätig wurde.
Zuletzt schlossen die Parteien am 23.03.2009 sowie am 01.04.2009 jeweils Verträge, wonach der Kläger „im Rahmen des Initiative Zukunft Bayern-Projektes für die Nachqualifizierung der Bayerischen Denkmalliste der Kreisfreien Stadt Fürth, des Landkreises Fürth und des Landkreises Nürnberger Land“ zuständig war. Für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) hat der Kläger Bodendenkmäler in einem EDV-geschützten System erfasst und nachqualifiziert. Hierzu hat der Kläger regelmäßig in der Zeit von 07:30 Uhr bis 17:00 Uhr bzw. 18:00 Uhr gearbeitet. Soweit Ortsakten nur am Standort zur Verfügung standen, arbeitete er in der jeweiligen Dienststelle des BLfD vor Ort an einem für ihn extra hergerichteten PC-Arbeitsplatz mit persönlicher Benutzererkennung.
Der Kläger nahm an einer Schulung teil und bearbeitete – je nach Bedarf und Anweisung – vorrangig einzelne Gemeinden, da beispielsweise eine Stellungnahme zu den Flächennutzungsplänen erforderlich waren oder weil Korrekturen und Ergänzungen zu den Ortsakten vorgenommen werden sollten.
Mit der eingereichten Statusklage begehrt der Kläger festzustellen, dass ein Arbeitsvertrag besteht und dieses nicht aufgrund der Befristungsabrede beendet ist. Der Beklagte ist demgegenüber der Ansicht, dass lediglich Werkverträge geschlossen wurden und daher kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien besteht. Der Kläger sei nicht weisungsgebunden gewesen und habe an der Schulung freiwillig teilgenommen.
Das Arbeitsgericht München gab der Klage statt. Das Landesarbeitsgericht München bestätigte das erstinstanzliche Urteil und wies die Klage des Beklagten zurück. Das BAG bestätigt das Urteil des Landesarbeitsgerichts und weist die form- und fristgerecht eingelegte Revision zurück.
Entscheidungsgründe
Begründet wird die Entscheidung des BAG damit, dass anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass nicht ein Erfolg im Sinne eines Werkvertrages, sondern die Tätigkeit des Klägers als solches und damit dessen Arbeitsleistung geschuldet ist.
Entscheidend für die rechtliche Einordnung eines Vertrages ist der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Vertragsbezeichnung. Damit die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse nicht umgangen werden, ist auf den objektiven Geschäftsinhalt abzustellen, der sich aus der Vereinbarung und der praktischen Durchführung des Vertrages entnehmen lässt. Widersprechen sich die Vereinbarung und die tatsächliche Durchführung, kommt es auf die Tätigkeit als solche an.
Ein Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB liegt vor, wenn die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg geschuldet ist. Nach § 611 Abs. 1 BGB steht bei einem Dienstvertrag die Tätigkeit als solches im Vordergrund. Arbeitnehmer ist nach ständiger Rechtsprechung des BAG, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.
Danach ist der Kläger Arbeitnehmer und weiter zu beschäftigen. Die Gestaltung des zuletzt geschlossenen „Werkvertrages“ macht bereits deutlich, dass nicht die Herstellung einer Sache oder ein Erfolg, sondern die Tätigkeit des Klägers geschuldet war. Hinzu kommt die Einbindung des Klägers in die Arbeitsorganisation des Beklagten in örtlicher und zeitlicher Hinsicht. Auch war er inhaltlicher und tätigkeitsbezogenen Weisung unterworfen und erhielt zudem Aufträge, die über den Vertragsinhalt hinaus erteilt wurden. Auch die Teilnahme an einer Schulung zu einem Fachinformationssystem spricht für die Annahme der Eingliederung in den Betriebsablauf.
Kommentar
Das BAG schützt abermals Arbeitnehmer vor vermeintlicher Umgehung der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften. Diese Entscheidung zeigt, dass für die Beurteilung der rechtlichen Einordnung eines Vertrages auf die Tätigkeit des Betroffenen abzustellen ist und gerade nicht entscheidend ist, wie oder als was ein Vertrag bezeichnet wird. Arbeitnehmer werden zu Recht gestärkt und genießen Schutz, wenn eine betriebliche Einordnung in die Arbeitsorganisation erfolgt und Weisungen des Arbeitgebers zur Ausübung erfolgen.
Aus Arbeitgebersicht ist daher zu beachten, dass ein Werkvertrag, sprich die Herstellung einer Sache oder ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg in diesem Projekt abschließend ist. Es sind keine weiteren Tätigkeiten hinaus geschuldet und können daher auch nicht – weisungsgebunden – eingefordert werden. Zu beachten ist auch, wie die Leistung in örtlicher und zeitlicher Hinsicht zu erbringen ist und inwieweit beispielsweise ein E-Mail-Verteiler oder gar Meetings angesetzt werden, bei denen die Präsenz Externer gerade nicht erforderlich ist.