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Zweifache Arbeitszeitverringerung während der Elternzeit uneingeschränkt möglich.

BAG, Urteil vom 19.02.2013, Az.: 9 AZR 461/11 Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 18.05.2011, Az.: 5 Sa 93/10 Ein Arbeitnehmer (m/w) kann während der Elternzeit auch dann eine Verringerung der Arbeitszeit und deren Ausgestaltung beantragen, wenn zuvor eine einvernehmliche Elternteilzeitregelung mit dem Arbeitgeber getroffen wurde.

Ausgangslage

Die seit 2006 bei der Beklagten in Vollzeit als Personalreferentin beschäftigte Klägerin nahm nach der Geburt ihres Kindes im Juni 2008 zunächst für die Dauer von zwei Jahren Elternzeit in Anspruch. Im Dezember 2008 vereinbarten die Parteien die Verringerung der Arbeitszeit. Für die Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.05.2009 verringerten sie die Arbeitszeit auf 15 Wochenstunden, für die Zeit vom 01.06.2009 bis zum Ende der Elternzeit am 04.06.2010 auf wöchentlich 20 Stunden. Im April 2010 teile die Klägerin der Beklagten mit, dass sie bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ihres Kindes Elternzeit in Anspruch nimmt. Sie beantragte bei der beklagten Arbeitgeberin weiterhin 20 Stunden in der Woche arbeiten zu können. Die Arbeitgeberin war mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden und stützte ihre Entscheidung auf dringende betriebliche Gründe. Es sei erforderlich, dass die Klägerin als Personalreferentin für die Mitarbeiter erreichbar sei und sie arbeitsrechtliche Entscheidungen persönlich, vor allem aber zeitnah treffe.
 
Hiergegen wendet sich die Klägerin. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, die von der Klägerin angebotene Vertragsänderung anzunehmen. Die von der Beklagten hiergegen gerichtete - im Ergebnis erfolgreiche - Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamburg hielt der Revision des Bundesarbeitsgerichts (BAG) jedoch nicht stand.

Entscheidungsgründe

Das BAG bestätigt die Auffassung der Klägerin und verweist auf § 15 Abs. 5 S. 1 und 2 BEEG. Dort heißt es:

„Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin kann eine Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ausgestaltung beantragen. Über den Antrag sollen sich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin innerhalb von vier Wochen einigen.“

Weiter heißt es in § 15 Abs. 6 BEEG:

„Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin kann gegenüber dem Arbeitgeber, soweit eine Einigung nach Absatz 5 nicht möglich ist, unter den Voraussetzungen des Absatzes 7 während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung seiner oder ihrer Arbeitszeit beanspruchen.“

Dem Wortlaut der zuvor genannten Vorschriften nach besteht der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit des Arbeitnehmers auch dann, wenn die Parteien eine einvernehmliche Elternteilzeitregelung getroffen haben. Eine Anrechnung der bereits gütlichen Vertragsänderung kommt auf diesen Anspruch nicht in Betracht.

Kommentar

Mit dieser Entscheidung stärkt das BAG die Position der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Elternzeit, um Beruf und Familie bestmöglich verbinden zu können. Aber nicht alle Arbeitgeber sind gehalten die Wünsche der Arbeitnehmer zu erfüllen. So sieht § 15 Absatz 7 BEEG vor, dass mehr als 15 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Betrieb beschäftigt sein müssen, das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestehen muss, die Arbeitszeitverringerung mindestens zwei Monate auf einen Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstunden verringert wird und schließlich keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen, um den fristgerechten und schriftlichen Antrag des Arbeitnehmers, der Arbeitnehmerin zurückzuweisen.