Please select a page template in page properties.

Wenn der Tod zulange auf sich warten lässt...

Gericht entscheidet über Dringlichkeit des Nottestaments

Nottestamente können aufgesetzt werden, wenn Zeit und Umstände das Erstellen eines ordentlichen Testaments unmöglich machen. Das bedeutet, der Erblasser muss kurz vor dem Tod oder der Testierunfähigkeit stehen. In solchen Fällen können ein Bürgermeistertestament oder ein Dreizeugentestament aufgesetzt werden. Welche Folgen es hat, wenn sich der Testierende über den Zeitpunkt seines Todes geirrt hat und dieser tatsächlich länger lebte als prognostiziert, musste vor Kurzen das Oberlandesgericht in Hamm entscheiden.

Erblasserin veranlasst Dreizeugentestament

In dem vorliegenden Fall hatte eine Erblasserin aus Essen im Jahr 2013 ihren Sohn als Alleinerbe eingesetzt. Vor ihrem Tod litt die Frau an Krebs im Endstadium und wurde in einem Krankenhaus stationär behandelt. Vier Tage vor ihrem Tod veranlasste die Erblasserin unter Gegenwart von drei Zeugen ein Nottestament, ein sogenanntes Dreizeugentestament, in dem sie die Erbeinsetzung des Sohnes mit der Verfügung einer langjährigen Testamentsvollstreckung beschränkte.

Nach dem Ableben stritt der Sohn als Erbe mit der eingesetzten Testamentsvollstreckerin. Zunächst bekam die Testamentsvollstreckerin vor dem Nachlassgericht Essen Recht. Nun entschied das Oberlandesgericht in Hamm zugunsten des Sohnes, dass das Dreizeugentestament nicht wirksam errichtet wurde.

Gericht sieht notwendige Voraussetzungen nicht erfüllt

Das Gericht war der Überzeugung, dass die notwendige Voraussetzung eines nahenden Todes nicht gegeben war. In den vier Tagen nach Aufsetzen des Nottestaments wäre genug Zeit gewesen, sowohl einen Notar für ein ordentliches Testament als auch den Bürgermeister, für das Bürgermeisternottestament, zu rufen. Es reiche nicht aus, dass die Erblasserin an einer unheilbaren Krankheit im Endstadium litt.

Bedeutend war für das Gericht auch die Frage, ob konkrete Anhaltspunkte für die Annahme vorlagen, dass keine Zeit bleiben würde einen Notar zu bestellen oder die Erblasserin bereits vor dem Eintreffen testierunfähig geworden wäre. Aus medizinischer Sicht konnte dies nicht bestätigt werden. Die Testierunfähigkeit trat erst 48 Stunden nach Testamentsaufsetzung ein. Zudem erklärte einer der drei Zeugen, dass ihm damals keine akute Todesgefahr der Erblasserin bekannt war.

Keine Zeit für einen Notar

Nach dem Obergericht entspricht ein Dreizeugentestament erst allen Voraussetzungen, wenn zum einen der Tod oder die Testierunfähigkeit so zeitnah drohen, dass kein Notar mehr geholt werden kann bzw. dieser den Erblasser zu spät erreicht. Sollte der Tod letzten Endes doch nicht zeitnah erfolgen, müssen alle anwesenden Zeugen zumindest der festen Überzeugung gewesen sein, dass eine akute Todesgefahr bestand.

Letztendlich befanden die Richter in Hamm aufgrund der 48-stündigen Verzögerung das Nottestament für ungültig. Auch da es nach Ansicht des Gerichts genügend Zeit gegeben hätte, um zumindest den Bürgermeister aus Essen herbei zu holen und ein sogenanntes Bürgermeistertestament aufzusetzen.

Erblasser sollten bei Testamentsaufsetzungen und nachträglichen Veränderungen bedenken, dass die Rechtgültigkeit der Testamente nach ihrem Tode abgesprochen werden kann. Gerichte entscheiden zwar immer mit Hinblick auf die Umsetzung des letzten Willens, dieser muss aber eindeutig erkennbar und nachvollziehbar sein. Auf ein Nottestament sollte man es nicht ankommen lassen. Stattdessen ist es ratsam, sich rechtzeitig mit der eigenen Erbfolge zu befassen und seine Vorstellungen, ggfs. unter Heranziehung rechtlichen Rats, frühzeitig und eigenhändig festzuhalten.