Ab wann ist eine Vergütung eigentlich sittenwidrig?

Als Fachanwältin für Arbeitsrecht habe ich die Diskussionen um #verafake und Böhmermanns RTL-Infiltrierung verfolgt. In den folgenden Überlegungen steht die Entlohnung der beiden Darsteller und wie diese - rechtlich - zu bewerten ist im Fokus.

Mit seinen zwei eingeschleusten Fake - Kandidaten in der Sendung „Schwiegertochter gesucht“ hat Jan Böhmermann vergangene Woche für Aufruhr gesorgt. Der Umgang mit den Darstellern wurde stark kritisiert. So wurden den Kandidaten ihre Sätze vorgesprochen und auch ihr Leben fernsehtauglich ausgeschmückt (hier mit zusätzlichen Schildkrötenfiguren in der Wohnung). Als Anwältin möchte ich in dem Zusammenhang auf die Aspekte Arbeitsrecht und Vertragsrecht eingehen. Wie ebenfalls bekannt wurde, fiel die Bezahlung der beiden Schauspieler sehr gering aus:

150 € für 30 Tage Arbeit.

Rechnet man diesen Betrag hoch, ergibt dies einen Tagessatz von 5€. Von den 8,50€/pro Stunde Mindestlohn ist man hier weit entfernt. Und ohne Zweifel ist die Vergütung der beiden Darsteller fragwürdig, aber ist sie auch rechtlich zu beanstanden?
Unter bestimmten Umständen können arbeitsvertragliche Regelungen sittenwidrig und damit rechtlich zweifelhaft sein: Dies ist zum Beispiel immer dann der Fall, wenn ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und weitere Umstände wie verwerfliche Gesinnung oder Ausbeutung einer Zwangslange hinzutreten. An diesem Punkt spricht man von sogenanntem Lohnwucher. Ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung dürfte bei 5€/Tag vorliegen.

Arbeitsrecht und Ethik

Auch über die Ausbeutung in einer Zwangslage könnte man ebenfalls an dieser Stelle diskutieren. Denn was treibt Menschen in diese Sendungen? Wahrscheinlich erwarten sie eine Freundin oder Frau zu finden, einige wohl zum ersten Mal in ihrem Leben. Sie suchen Aufmerksamkeit, Zuneigung und Liebe. Vermutlich nehmen die wenigsten Protagonisten an der Sendung wegen dem Geld teil, selbst wenn sie es brauchen könnten. Es ließe sich hier also durchaus von einer emotionalen Zwangslage sprechen.

Fazit

Vermutlich handelt es sich bei dem Vertrag, den die beiden Darsteller für die Auftritte in „Schwiegertochter gesucht“ erhalten haben, nicht um einen Arbeitsvertrag. Selbst wenn es sich hier nicht um einen Arbeitsvertrag handelt, kann Lohnwucher auch bei anderen Verträgen und einer als Aufwandsentschädigung bezeichneten Vergütung vorliegen. Unabhängig von der Art des Vertrags dürfte auch eine einmalige Aufwandsentschädigung, Sondervergütungen u.ä. moralisch fragwürdig und rechtlich zu beanstanden sein. Nicht nur deshalb sollten sich Firmen und Unternehmen im Vorfeld genau Gedanken machen, wie Sie Arbeit entgelten und vertraglich regeln. Denn auch die Außenwirkung und das Image eines Unternehmens tragen immensen Schaden.