Das Gesetz mit dem sperrigen Namen: Gesetz über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Dienstanbietern für das Teilen von Online-Inhalten oder „kurz“ Urheberrechts-Dienstanbieter-Gesetz-UrhDaG hat jüngst vor dem LG München zum Scheitern von TikTok in einem Streit um Urheberrechtsverstöße gesorgt.
Bestmögliche Anstrengungen
In § 4 Abs. 1 S. 1 UrhDaG legt der Gesetzgeber Plattformen wie TikTok die Pflicht auf „bestmögliche Anstrengungen“ zu unternehmen, um die vertraglichen Nutzungsrechte für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke zu erwerben. Diese „bestmögliche Anstrengung“ kaufte das LG München der Online-Plattform nicht ab.
TikTok hatte sich in seiner Verteidigung auf den § 1 Abs. 2 des UrhDaG berufen, der eine Enthaftung des Online-Plattformbetreibers unter den in der Norm genannten Voraussetzungen vorsieht. Insbesondere führte hier an, dass sie die Pflichten zur einfachen und qualifizierten Blockierung, die in der Vorschrift genannt werden, erfüllt haben. Das Argument ließ das LG aber dahinstehen und urteilte, dass es am Ende nicht darauf ankomme, ob eine qualifizierte oder einfache Blockierung der in Rede stehenden Inhalte durch die Plattform erfolge oder nicht. Ausschlaggebend sei, dass die in § 1 Abs. 2 genannten Pflichten aus §§ 4, 7 bis 11 UrhDaG kumulativ, also auch gleichzeitig vorliegen müssten. Die Erfüllung einer einzelnen Pflicht sei für die angestrebte Enthaltung nicht ausreichend, ansonsten würde der Normzweck, diejenigen am Wertschöpfungsprozess teilhaben zu lassen, deren urheberrechtlich geschützten Inhalte auf diesen Plattformen verbreitet werden, unterlaufen.
Das LG führt zur Begründung seiner Argumentation diesbezüglich an, dass ansonsten immer auf den für die Plattformen „kostengünstigeren“ Weg der einfachen oder qualifizierten Blockierung zurückgegriffen werden kann, um eine Haftung zu vermeiden. Eine Teilhabe der Lizenzinhaber am Wertschöpfungsprozess wäre damit de facto weiterhin ausgeschlossen, was nicht dem Sinn des Gesetzes entspricht.
TikTok und anderen Online-Plattformen haben keine Wahl zwischen Lizenzierung und Blockierung
Bei den Voraussetzungen die erforderlichen Lizenzierungen betreffend hatte sich TikTok in seiner rechtlichen Taktik darüber hinaus verspekuliert. Die beklagte Plattform sah in der Aufnahme der Lizenzverhandlung mit der Klägerin einen ihr zustehenden Schutz vor diesbezüglichen Klagen und stützte sich mit dieser Annahme auf die Urheberrechtsreform von 2021. Ein diesbezüglicher Schutz bestehe zwar, aber das konkrete Verhalten von TikTok in den Lizenzverhandlungen ließ keine „bestmöglichen Anstrengungen“ der Plattform erkennen, Grundlage dieser Beurteilung des Gerichts war eine umfassende Einzelfallbetrachtung unter der Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit.
Das LG München kam bei der Beurteilung zu dem Schluss, dass die Verhandlungen in Bezug auf die Lizenzen einseitig waren, TikTok sich mithin nicht wirklich auf die Verhandlungen eingelassen hat und auf die konkreten Angebote der Klägerin nicht eingegangen ist.
In einem solchen taktischen Vorgehen, dass die Aufnahme von Lizenzverhandlungen als Vorwand zum Klageschutz nimmt, sah das LG keine „bestmöglichen Anstrengungen“ iSv. § 4 Abs. 1 S. 1 UrhDaG. Das Unternehmen konnte sich folglich nicht auf eine Enthaftung berufen und wurde schließlich zur Unterlassung sowie Auskunft und Schadensersatz verurteilt.
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