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OLG Celle – zu den Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis

Welche Pflichten treffen den Notar bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses?

Das OLG Celle hatte in zwei ähnlich gelagerten Fällen zu entscheiden. Es stellte sich jeweils die Frage, welche eigenen Ermittlungen der Notar bei der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses durchzuführen hat. In seinem Beschluss vom 25.03.2021 – 6 U 74/20 – hat das OLG Celle zu den Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis entschieden und zu den Pflichten des beteiligten Notars klargestellt: 

Das notarielle Nachlassverzeichnis darf nicht alleine auf den Angaben der Erben beruhen. Der Notar, der ein Nachlassverzeichnis aufzunehmen hat, ist regelmäßig auch zur selbstständigen Ermittlung der aufzunehmenden Gegenstände und Forderungen verpflichtet.

1.    Zum ersten Fall

Dem ersten zu entscheidenden Fall lag der folgende Sachverhalt zu Grunde: 
Der Erblasser hatte seine Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt, und damit zugleich den Sohn aus der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Der vor diesem Hintergrund pflichtteilsberechtigte Sohn forderte von seiner (Stief-)Mutter ein notarielles Nachlassverzeichnis. Ein zuvor im Auftrag der Mutter übergebenes Verzeichnis hielt der Sohn für nicht ausreichend, weil der Notar sich hier – zumindest teilweise – auf die Angaben der Mutter verlassen und die Angaben nicht überprüft, also keine eigenen Ermittlungen angestellt hatte. 

Das OLG Celle teilte die rechtliche Einschätzung des LG Hannover, welches die Erbin zur Vorlage eines neuen notariellen Nachlassverzeichnisses verurteilt hatte. Dies deshalb, weil ein notarielles Nachlassverzeichnis einen anderen Stellenwert als ein einfaches, privates Nachlassverzeichnis hat. Das notarielle Nachlassverzeichnis hat eine andere Aussagekraft im Hinblick auf Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskünfte. Vor diesem Hintergrund ist der Notar dazu gehalten, sich nicht lediglich auf die Angaben der Erben zu verlassen, sondern den Bestand des Nachlasses eigenständig zu ermitteln. Dazu gehören die Nachforschungen, die der Pflichtteilsberechtigte allgemein für erforderlich halten darf, so etwa die Ermittlung von Bankkonten, Wertpapierdepots, Schließfächern oder  Steuerrückerstattungsansprüchen. Diesen Anforderungen ist der Notar nicht gerecht geworden, so dass ein neues Verzeichnis verlangt werden kann. 

2.    Zum Zweiten Fall

Dem zweiten zu entscheidenden Fall lag der folgende Sachverhalt zu Grunde:
Die inzwischen verstorbene Erblasserin hatte ihren Sohn zum alleinigen Erben eingesetzt, und damit die Tochter aus der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Die daher pflichtteilsberechtigte Tochter forderte von dem Erben ein notarielles Nachlassverzeichnis. Der mit der Erstellung beauftragte Notar nahm in dieses Verzeichnis lediglich die Angaben des Erben auf, wonach nur zwei Bankkonten mit konkret bezeichneten Guthaben bestünden, und dass der Sohn von der Erblasserin vor deren Tod eine Schenkung in Höhe von 50.000 EUR erhalten hatte. Später erlangte die Tochter Kenntnis davon, dass noch mindestens 4 weitere Konten bei derselben Bank existierten. Sie verlangte daher die Vorlage eines neuen, nun vollständigen notariellen Nachlassverzeichnisses. 

Das LG Hannover 8Az. 12 O 198/19) hatte die isolierte Auskunftsklage der Tochter auf Erteilung der begehrten Auskünfte durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB zunächst abgewiesen. Gegen diese Entscheidung legte die Tochter das Rechtsmittel der Berufung ein. Nach Erörterung der Rechtslage erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt, die Kosten wurden beiden Geschwistern gleichermaßen auferlegt. Zum Nachlassverzeichnis wies das OLG Celle darauf hin, dass das vorgelegte Nachlassverzeichnis unzureichend sei, weil der Notar sich nur auf die Angaben des Erben verlassen und keine eigenen Nachforschungen angestellt hatte. Der Notar hätte zumindest bei der vom Sohn benannten Bank anfragen müssen, ob dort weitere Konten der Erblasserin existierten. 

3.    Fazit

Bei der Beauftragung oder Prüfung eines notariellen Nachlassverzeichnisses ist darauf zu achten, dass der aufnehmende Notar sich nicht nur auf die Angaben der Erben verlässt, sondern auch eigene Ermittlungen anstellt. Ein Verzeichnis, welches sich inhaltlich auf die von den Erben vorgelegte Auflistung beschränkt, genügt den Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis nicht. In diesem Fall kein ein Anspruch auf Erteilung eines neuen notariellen Nachlassverzeichnisses bestehen. 


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