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Die Urheberrechtsreform: Das neue Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz

Wichtige Änderungen durch das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) kurz erklärt.

Am 01. August 2021 ist das neue Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) in Kraft getreten.  Das UrhDaG ist zentraler Bestandteil der wohl größten Reform im Urheberrecht der vergangenen 20 Jahre. Die Reform soll zwei europäische Richtlinien umsetzen: Die Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (DSM-Richtlinie) sowie die Online-SatCab-Richtlinie.
Das UrhDaG macht Upload-Plattformen für alle zugänglich gemachten Inhalte urheberrechtlich verantwortlich. Die Upload-Plattformen, nach § 2 UrhDaG sog. „Diensteanbieter“, werden dabei vom UrhDaG u.a. wie folgt in die Verantwortung genommen:

1. Angemessene Vergütung der Urheber

Zum einen sollen Diensteanbieter den Urhebern eines Werkes grundsätzlich eine angemessene Vergütung zahlen. So heißt es in § 4 Abs. 1 S. 1 UrhDaG, dass der Diensteanbieter verpflichtet ist, bestmögliche Anstrengungen zu unternehmen, um die vertraglichen Nutzungsrechte für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke zu erwerben. Und gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 UrhDaG hat der Diensteanbieter einem Urheber auch dann eine angemessene Vergütung für vertragliche Nutzungen zu zahlen, wenn der Urheber das Recht der öffentlichen Wiedergabe des Werkes einem Dritten eingeräumt hat. Eine Ausnahme von dieser Vergütungspflicht besteht nur, wenn es sich bei dem Dritten um eine Verwertungsgesellschaft handelt oder der Urheber den Dritten als Digitalvertrieb einschaltet, § 4 Abs. 3 S. 2 UrhDaG. Der Urheber kann auf seinen Vergütungsanspruch auch nicht verzichten und eine Abtretung ist nur an eine Verwertungsgesellschaft möglich, § 4 Abs. 4 S. 1 UrhDaG. Nach § 5 Abs. 2 UrhDaG haben die Urheber auch dann einen Direktvergütungsanspruch gegen den Diensteanbieter, wenn ihre Werke in zulässiger Weise für Karikaturen, Parodien und Pastiches nach § 51a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) öffentlich wiedergegeben werden. 

2. Uneingeschränkte Überwachungspflicht der Plattformen

Weitaus umstrittener als die Pflicht zur Zahlung einer angemessenen Vergütung ist die Pflicht der Upload-Plattformen sicherzustellen, dass Inhalte die nicht lizenziert und nicht gesetzlich erlaubt sind, auch nicht online verfügbar sind. Dies ist umstritten, weil nicht bei allen hochgeladenen Inhalten immer klar sein wird, ob es sich um eine gesetzlich erlaubte Ausnahme, wie beispielsweise eine Karikatur oder eine Parodie handelt, die vom Gesetzgeber ausdrücklich erlaubt ist (§ 24 UrhG). Daher musste sich der Gesetzgeber die Frage stellen, ob die umstrittenen Inhalte zunächst wiedergegeben werden können, um dann möglicherweise nachträglich gesperrt zu werden, oder ob sie zunächst gesperrt werden, um dann möglicherweise nachträglich freigeschaltet zu werden.

Der Gesetzgeber hat sich für eine Zwischenlösung entschieden. Laden die Nutzer Inhalte hoch, müssen die Diensteanbieter prüfen, ob der Rechtsinhaber die Blockierung seiner Werke verlangt hat. Ist dies der Fall, muss der Diensteanbieter prüfen, ob es sich um eine mutmaßlich erlaubte Nutzung im Sinne des § 9 UrhDaG handelt. Liegt eine sogenannte „mutmaßlich erlaubte“ Nutzung vor, werden die Inhalte zunächst veröffentlicht und der Rechtinhaber hierüber informiert. Dieser kann dann gemäß § 14 UrhDaG gegen die öffentliche Wiedergabe seiner Werke Beschwerde einlegen. Liegt dagegen keine mutmaßlich erlaubte Nutzung vor, wird die öffentliche Wiedergabe der hochgeladenen Inhalte zunächst blockiert, wogegen der Nutzer dann gemäß § 14 UrhDaG Beschwerde einlegen kann.

3. Wann liegt eine mutmaßliche erlaubte Nutzung vor?


Eine mutmaßlich erlaubte Nutzung wird gemäß § 9 Abs. 2 UrhDaG widerleglich vermutet, wenn die Inhalte weniger als die Hälfte eines Werkes eines Dritten oder mehrerer Werke Dritter enthalten, diese mit anderem Inhalt kombiniert werden und die Werke Dritter im Sinne des § 10 UrhDaG nur geringfügig genutzt werden oder im Sinne des § 11 UrhDaG vom Nutzer als gesetzlich erlaubt gekennzeichnet worden sind. Ob eine mutmaßlich erlaubte Nutzung vorliegt, wird vollautomatisch durch sog. Upload-Filter geprüft. 

4. Verhinderung von Missbrauch?


Um Missbrauch zu verhindern sieht § 18 UrhDaG vor, dass Rechteinhaber, die mehrfach fälschlicherweise eine Blockierung verlangen (Abs. 1), oder Nutzer, die mehrfach gesetzlich nicht erlaubte Inhalte als erlaubt gekennzeichnet haben (Abs. 2), zeitweise die Möglichkeit verlieren eine Blockierung zu verlangen oder Inhalte als erlaubt zu kennzeichnen.

Fazit:


Das neue UrhDaG soll vor allem die Rechteinhaber stärken, denen nunmehr die Möglichkeit gegeben wurde, Inhalte auf Zuruf sperren zu lassen. Ob diese Stärkung mit der Reform tatsächlich umgesetzt wurde, darf jedoch bezweifelt werden, da z.B. gerade durch die sofortige Sperrung von Inhalten dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet werden kann. Dies beispielsweise dadurch, dass angebliche Rechteinhaber sich als solche ausgeben und dann „vermeintlich eigene“ Inhalte sperren lassen. Zwar lässt sich dies in einem anschließenden Verfahren grundsätzlich klären, jedoch ist in vielen Fällen dann bereits ein Schaden entstanden, der (in einer schnelllebigen Onlinewelt) nicht mehr ausgeglichen werden kann. Darüber, in wie weit § 18 UrhDaG diesen Missbrauch einschränken kann, lässt sich gegenwärtig nur spekulieren. 

Auch ist bislang völlig unklar, ob der Europäische Gerichtshof der Reform ein Strich durch die Rechnung macht. Denn die polnische Regierung klagte gegen den ohnehin umstrittenen Art. 17 der Richtlinie, aufgrund welcher jetzt das UrhDaG erlassen wurde, da sie hierin u.a. eine Verletzung der Meinungsäußerungsfreiheit sieht. Zwar befand der Generalanwalt Henrik Saugmandsgaard Oe vor dem EuGH die Richtlinie als zulässig – und üblicherweise folgt der EuGH dem Vorschlag des Generalanwalts – jedoch dürfte diese Entscheidung in diesem Fall äußerst knapp für die eine oder andere Seite ausfallen. Dies deswegen, weil der Generalanwalt die Zulässigkeit nur vor dem Hintergrund bejahte, weil – seiner Meinung nach – ein Beschwerdeverfahren vorhanden ist und darüber hinaus rechtmäßige Inhalte nicht im Vorfeld verhindert werden. In wie weit sich der EuGH hiervon überzeugen lässt, bleibt abzuwarten. Sollte der EuGH die Norm allerdings für nichtig erachten, dürfte auch das UrhDaG aufzuheben sein.

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