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Arbeiten im Rentenalter – das sollten Arbeitgeber beachten

Langjährige Betriebszugehörigkeit und Expertise zeichnen ältere Arbeitnehmer aus und machen sie teilweise unverzichtbar für ein Unternehmen. Umso schwieriger wird es, wenn diese Mitarbeiter das Rentenalter erreichen und der Abschied vom Unternehmen naht. Im Folgenden zeigen wir Ihnen auf, wie Sie eine Weiterbeschäftigung trotz Erreichen des Rentenalters ausgestalten können.

Arbeitgeber können ein berechtigtes Interesse daran haben, ihre Arbeitnehmer auch über den gesetzlichen Renteneintritt hinaus zu beschäftigen. Drohende Personalengpässe, Fertigstellung von Projekten oder Expertenwissen können einen Grund dafür darstellen, dass die Arbeitgeber auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses auch nach dem Erreichen der Grenze für die Regelaltersrente angewiesen sind. Auch für die Arbeitnehmer ist eine Weiterbeschäftigungsvereinbarung - schon aus finanziellen Gründen - reizvoll.

Es gibt keine generelle Verpflichtung, die gesetzliche Regelaltersrente zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beziehen

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass, bei Vorliegen der Voraussetzung des Bezugs der gesetzlichen Regelaltersrente, das Arbeitsverhältnis zwangsläufig beendet werden muss. Neuere Arbeitsverträge beinhalten aus diesem Grunde zunehmend einen Passus, wonach das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze automatisch endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Doch auch trotz solch einer Vereinbarung können beide Vertragsparteien darum bestrebt sein, eine Weiterbeschäftigung über den Beendigungszeitpunkt hinaus zu vereinbaren. Der Gesetzgeber hat die Notwendigkeit einer praktikablen Lösung für dieses alltägliche Problem erkannt und die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Rentenalter normiert. Der maßgebende § 41 S. 3 SGB VI lautet:

„Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben.“

Angesichts der Folgeschäden einer unwirksamen Weiterbeschäftigungsvereinbarung sollten Arbeitgeber die wichtigsten Grundprinzipien beachten, um das Risikopotenzial möglichst gering zu halten und finanziellen Schaden von sich abzuwenden.

Weiterbeschäftigung trotz Rentenalter: Die Voraussetzungen

Die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des regulären Rentenalters muss ihm Arbeitsvertrag festgehalten sein

Die Bestimmung des § 41 Satz 3 SGB VI erklärt sich auf den ersten Blick von selbst: Zunächst muss eine Vereinbarung (in der Regel der Arbeitsvertrag oder eine entsprechende Zusatzvereinbarung) die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen. Diese Klausel lautet in den meisten Arbeitsverträgen etwa in der Art:

„Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht.“

Liegt eine solche Vereinbarung vor, können die Vertragsparteien während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt unter Anwendung der Voraussetzungen des § 41 Satz 3 SGB VI hinausschieben. Nach dem Wortlaut der Norm kann das Hinausschieben auch mehrfach erfolgen.

Weiterbeschäftigungsvereinbarung vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Wichtig ist dabei, dass das Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes allerdings nur „während des Arbeitsverhältnisses“ möglich ist. Sind die Voraussetzungen für den Beendigungstermin bereits erfüllt, das Arbeitsverhältnis faktisch also beendet, können die Parteien lediglich über einen neuen befristeten Arbeitsvertrag eine Weiterbeschäftigung vereinbaren. Dieser würde sich jedoch nach den strengen Vorgaben des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) richten, sodass im Falle der weiteren Zusammenarbeit ein Vorgehen nach den gelockerten Vorschriften des SGB VI anzuraten ist.

Arbeiten im Rentenalter und die Risiken

Unwirksame befristete Arbeitsverhältnisse wandeln sich in unbefristete Arbeitsverhältnisse um

Unwirksame Weiterbeschäftigungsvereinbarungen können unter Umständen für Sie als Arbeitgeber weitreichende Folgen haben. Die Unwirksamkeit kann beispielsweise eintreten, wenn die Vereinbarung nicht während, sondern nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschlossen wird oder aus mangelhafter Form der Weiterbeschäftigungsvereinbarung. Da es zu dieser Thematik kaum Rechtsprechung gibt, besteht die Gefahr, dass die Regelungen aus dem Teilzeit- und Befristungsrecht entsprechend anwendbar sind (siehe etwa §§ 14, 16 TzBfG). Dies hätte für Sie als Arbeitgeber die weitereichende Folge, dass das Arbeitsverhältnis auch nach dem hinausgeschobenen Ende als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt.

Kündigungen werden durch langjährige Betriebszugehörigkeit schwieriger

Die praktischen Schwierigkeiten eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses über das Erreichen des Rentenalters hinaus zeigen sich vor allem in den erschwerten Kündigungsmöglichkeiten durch die Arbeitgeber. Denn während sich der Arbeitnehmer ohne Angaben von Gründen unter Wahrung der Kündigungsfrist von dem Arbeitsverhältnis lösen kann, muss der Arbeitgeber Gründe vortragen, welche eine Weiterbeschäftigung für ihn unzumutbar machen. Mit zunehmenden Alter und langdauernder Betriebszugehörigkeit dürfte jedoch der Kündigungsschutz des jeweiligen Arbeitnehmers ansteigen, sodass im Zweifel die Durchsetzbarkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung problematisch sein könnte.

Form der Weiterbeschäftigungsvereinbarung

Eine weitere Schwierigkeit stellt sich in der Frage nach der Form einer solchen Weiterbeschäftigungsvereinbarung. Genügt eine mündliche Vereinbarung oder muss es ein schriftlicher Vertrag sein? Der § 41 S. 3 SGB VI verhält sich hierzu nicht. Die Antwort auf diese Frage lautet, wie so oft bei Juristen: Es kommt darauf an. Nämlich darauf, ob und in welchem Maße die Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zu berücksichtigen sind. Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz ist ein befristeter Arbeitsvertrag stets schriftlich abzufassen, vgl. § 14 Abs. 4 TzBfG. Unbefristete Arbeitsverträge hingegen unterliegen keinem Formzwang, sodass hier eine mündliche Vereinbarung ausreichend ist. Trotzdem, oder gerade deshalb, sollten Sie die betreffende Vereinbarung stets in Schriftform abfassen. Denn im Falle einer nachträglichen Diskrepanz über die konkreten Inhalte erleichtert ein schriftlicher Vertrag die Beweisführung.

Arbeitsvertrag anpassen

In der Praxis wird es häufig vorkommen, dass die Vertragsparteien keine Vollzeitbeschäftigung, sondern eine Reduzierung der Arbeitszeiten während der Beschäftigung im Rentenalter vereinbaren wollen. Daher stellt sich die Frage, ob eine Reduktion der Arbeitsstunden oder sonstiger Arbeitsvertragsinhalte wie Gehalt, Urlaub, etc. zusammen mit der Weiterbeschäftigungsvereinbarung ohne Weiteres möglich ist. Als Arbeitgeber haben Sie ein gesteigertes Interesse, den Arbeitsvertrag derart auszugestalten, damit Sie das vertraglich vereinbarte Entgelt nicht auch für die reduzierte Arbeitszeit zahlen müssen oder den Urlaub gewähren müssen, welcher dem Arbeitnehmer ausgehend von einer Vollzeitbeschäftigung bewilligt wurde.

Das Risiko liegt auch darin, dass eine von den Gerichten für unwirksam erachtete Anpassung der Arbeitsvertragsbedingungen dazu führt, dass das Arbeitsverhältnis als für unbestimmte Zeit vereinbart gilt. Dieses Risiko lässt sich durch ein mehraktiges Vorgehen umgehen:

1)    Vereinbarung über die Weiterbeschäftigung trotz Erreichen des Rentenalters

2)     Abfassen eines Änderungsvertrages mit den angepassten Arbeitsvertragsbedingungen

Mehrmaliges Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes

Arbeiten statt Rente: Weiterbeschäftigungsvereinbarung vs. Teilzeit- und Befristungsgesetz

Ebenso stellt sich die Frage, wie oft der Beendigungszeitpunkt hinausgeschoben werden kann. Das Gesetz sieht die Möglichkeit einer mehrfachen Hinausschiebung des Beendigungszeitpunktes vor. Was sich der Gesetzgeber hierunter zahlenmäßig vorgestellt hat, ist jedoch unklar. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz sieht für sachgrundlose Befristungen in § 14 Abs. 2 vor, dass eine Befristung des Arbeitsvertrages für maximal zwei Jahre vereinbart werden darf. Während dieser Gesamtdauer ist höchstens eine dreimalige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Es stellt sich daher die Frage, ob diese Regelung entsprechend auf die Weiterbeschäftigungsvereinbarung in § 41 Satz 3 SGB VI anzuwenden ist.

Der unterschiedliche Wortlaut der Normen spricht gegen eine entsprechende Anwendung und die hiermit einhergehende Einschränkung der Weiterbeschäftigung. Während das Teilzeit- und Befristungsgesetz von einer Verlängerung des Arbeitsvertrages spricht, geht die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit von einem Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes aus. Zudem fehlt es an einem Verweis auf die entsprechende Anwendung des § 14 Abs. 2 TzBfG. Doch ist bei einem mehrfachen Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes Vorsicht geboten: Denn auch hier trägt der Arbeitgeber das Risiko, dass eine zu oft vorgenommene Hinausschiebung des Beendigungszeitpunktes zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führt und das Arbeitsverhältnis damit für unbestimmte Zeit fortbesteht. Eine Grenze dürfte jedenfalls dort zu ziehen sein, wo ein Missbrauch dieser Option offensichtlich ist, etwa durch sich stetig wiederholende und nur wenige Wochen umfassende Verlängerungen.

Arbeitgeber sollten sich absichern, wenn Sie ihre Arbeitnehmer im Rentenalter weiterbeschäftigen möchten.

§ 41 Satz 3 SGB VI ermöglicht es den Vertragsparteien auf das Erreichen der Regelaltersgrenze des Arbeitnehmers flexibel zu reagieren. In Ermangelung gefestigter Rechtsprechung ist die Umsetzung an vielerlei Stellen risikobehaftet. Dass sich bislang nur wenige Gerichte mit dem Inhalt des § 41 Satz 3 SGB VI auseinandersetzen mussten mag nicht zuletzt daran liegen, dass nur wenige ältere Arbeitnehmer den Weg vor das Arbeitsgericht gehen. Ungeachtet dessen ist es empfehlenswert, bei der Anbahnung einer Weiterbeschäftigungsvereinbarung über den Eintritt der gesetzlichen Regelaltersgrenze hinaus anwaltlichen Rat hinzuzuziehen. Nur ein rechtskundiger Beistand kann die Brücke zu unter Umständen zu beachtender Vorschriften angrenzender Rechtsgebiete, wie etwa dem Teilzeit- und Befristungsrecht schlagen und eine entsprechende Vereinbarung entwerfen. Die weitreichenden (wirtschaftlichen) Risiken liegen eindeutig vermehrt auf Arbeitgeberseite, sodass es zur eigenen Absicherung geboten ist, die Weiterbeschäftigungsverhandlungen von einem Rechtsanwalt begleiten zu lassen.