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Bezahlung von Überstunden

Überstunden, die nicht auf einem Arbeitszeitkonto geführt werden, müssen nur dann vergütet werden, wenn der Arbeitnehmer die Zeiträume der behaupteten Überstunden sowie deren Anordnung, Billigung, und Duldung durch den Arbeitgeber beweisen kann. Die Notwendigkeit der Überstundenleistung muss im Einzelnen dargelegt werden.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.09.2015 – 5 AZR 767/13

Ausgangslage

Anlass der Entscheidung war die Klage einer Buchhalterin, welche die Abgeltung von 1.057 Überstunden zu insgesamt 18.357,28 € von ihrem Arbeitgeber verlangte. Hiervon resultierten 414 Überstunden aus einem Arbeitszeitkonto und 643 Überstunden aus einer eigenen, von der Arbeitnehmerin geführten Überstundenliste, nachdem der Arbeitgeber das Arbeitszeitkonto nicht weitergeführt hat.

Entscheidungsgründe

Auf ihre Klage erhielt die Arbeitnehmerin nur bezüglich der Überstunden aus dem Arbeitszeitkonto Recht. Wenn ein Arbeitgeber, wie vorliegend, die geleisteten Arbeitsstunden auf einem Arbeitszeitkonto gutschreibt, so ist dieses Arbeitszeitguthaben nach Auffassung des Gerichts unstreitig. Der Arbeitgeber müsse im Bestreitensfall im Einzelnen darlegen, weshalb das im Arbeitszeitkonto ausgewiesene Guthaben unzutreffend sei. Die von der Arbeitnehmerin geführte Überstundenliste beinhaltete die Auflistung der Arbeitszeit nach Tagen und Stunden. Dies genügte zwar zur schlüssigen Darlegung von geleisteten Überstunden, begründete im vorliegenden Fall jedoch nicht eine Vergütungspflicht des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer müsse, so der Senat, nicht nur die Zeiträume, in denen Überstunden geleistet wurden, dokumentieren. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer auch die Anordnung, Billigung und Duldung des Arbeitgebers hinsichtlich der Leistung von Überstunden dokumentieren und die Notwendigkeit im Einzelnen nachweisen können.

Kommentar

Viele Überstundenprozesse scheitern aus dem Grund, dass es den betroffenen Arbeitnehmern im Nachhinein nicht mehr möglich ist, die konkreten Hintergründe der einzelnen Überstunden zu rekonstruieren. Sie können folglich auch nicht mehr die Notwendigkeit oder Anordnung, Duldung oder Billigung der Überstunden durch den Arbeitgeber darzulegen. Die Beweisführung im Überstundenprozess schiebt dem wirtschaftlichen Interesse der Arbeitnehmer oftmals eine Schranke vor. Hintergrund der speziellen Anforderungen bezüglich der Darlegungs- und Beweislast ist, dass es Arbeitnehmern nicht möglich sein soll, dem Arbeitgeber Überstunden aufzudrängen, ohne dass dieser eine Möglichkeit hatte, auf die Leistung der Mehrarbeit Einfluss zu nehmen. Ist eine Rekonstruktion der Überstunden und ihrer Begleitumstände nicht möglich, kann die Abgeltung der Überstunden gerichtlich nicht ohne weiteres durchgesetzt werden. Daher ist es ratsam, frühzeitig mit dem ersten Mehrarbeitsaufkommen mit der Führung einer Überstundenliste zu beginnen. Ein allgemeingültiges Muster einer solchen Überstundenliste gibt es nicht. Die Durchsetzbarkeit des Vergütungsanspruches liegt oft im Einzelfall. Unsere Anwälte im Arbeitsrecht können im Vorhinein Arbeitsverträge prüfen und eine Einschätzung der tatsächlichen Umstände geben.