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Forenbetreiber und die Frage nach der Haftung

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt Urteil von 2013

Anders als Spiegel Online in seinem Beitrag „Forenbetreiber haftet für Beleidigungen der Nutzer“ suggeriert, ändert die aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) nichts an der Rechtslage in Deutschland. Vielmehr ist sie eine Bestätigung einer früheren Entscheidung aus dem Jahr 2013.

Angeblich habe der EGMR entschieden, dass Forenbetreiber für Beleidigungen grundsätzlich verklagt werden könnten. Dies ist keineswegs der Fall. So betont der Gerichtshof, dass es sich um die Entscheidung in einem Einzelfall handelt, bei der die Begleitumstände ausschlaggebend sind. 

In dem konkreten Fall wurde das estnische Nachrichtenprotal Delfi.ee von einem Mitarbeiter einer Fährgesellschaft verklagt, nachdem er in den Kommentaren unter einem Artikel über die Fährgesellschaft mit Begriffen wie „Schwein“, „Bastard“ und „Abschaum“ wüst beschimpft und zu Gewalttaten gegen ihn aufgerufen wurde. Delfi.ee entfernte die Kommentare nach entsprechenden Hinweisen – allerdings erst nach insgesamt sechs Wochen, als die Anwälte des Opfers die Entfernung gefordert hatten.

Daraufhin verklagte der Betroffene das Nachrichtenportal vor einem Zivilgericht mit der Forderung einer Entschädigung in Höhe von 320€. Delfi ging gegen diese Klage vor und verlor den Prozess, weil die Kommentare nicht schnell genug entfernt worden seien, wie der Straßburger Gerichtshof befand. Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sich in den Kommentaren um direkte Hetze und Androhungen körperlicher Gewalt handele, die einen Seitenbetreiber verpflichten, diese auch ohne vorherigen Hinweis zu entfernen.

Auswirkungen für das deutsche Medienrecht sind nicht zu erwarten, weil hier bereits eine vergleichbare Rechtsprechung gültig ist. So sind Webseitenbetreiber, die Kommentare auf ihren Seiten zulassen, generell dazu verpflichtet, beleidigende oder rassistische Beiträge spätestens nach einem Hinweis auf entsprechende Kommentare zu entfernen. Daher sollten Community Manager stets in der Lage sein, innerhalb kürzester Zeit auf Beiträge von Nutzern reagieren zu können und so viele Maßnahmen wie möglich ergreifen, rechtswidrige Kommentare frühzeitig zu unterbinden.

Weitere Informationen zu den Möglichkeiten gegen diffamierende Beiträge vorzugehen, haben wir Ihnen unter Presserecht zusammengefasst.