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Schwanger gekündigt

Das Bundesarbeitsgericht verpflichtet einen Arbeitgeber zur Entschädigungszahlung einer schwangeren Arbeitnehmerin, die unter Verstoß gegen das Mutterschutzgesetz gekündigt worden ist.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.12.2013, Az.:  8 AZR 838/12 Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Chemnitz, Urteil vom 27.07.2012, Az.: 3 Sa 129/12 


Ausgangslage

Die Klägerin ist seit dem 01.09.2010 bei der Beklagten als Vertriebsmitarbeiterin beschäftigt. Bei dem Betrieb der Beklagten handelt es sich um einen Kleinbetrieb, da dort nicht mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Mitte des Jahres 2011 erfuhr die Klägerin von ihrer Schwangerschaft und teilte dies der Beklagten mit. Als ihr der Arzt aus medizinischen Gründen ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG aussprach, bat die Beklagte die Klägerin ihre Tätigkeit weiterzuerbringen. Dieser Aufforderung kam die Klägerin nicht nach.

Am 14.07.2011 stellte sich bei einer Untersuchung heraus, dass die Leibesfrucht abgestorben war und ein medizinischer Eingriff erforderlich ist. Die Klägerin wurde am Folgetag ins Krankenhaus einbestellt.

Noch am gleichen Tag informierte sie die Beklagte und teilte dieser mit, dass sie nach der Genesung wieder zur Arbeit erscheinen werde. Die Beklagte indessen verfasste eine Kündigung mit Datum vom 14.07.2011, die sie der Klägerin noch am gleichen Tag in den Briefkasten einwarf.

Mit einem weiteren Schreiben vom 09.08.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin erneut zum 15.09.2011 und berief sich auf betriebliche Gründe.

Mit ihrer Kündigungsschutzklage wendet sich die Klägerin gegen die Kündigung und begehrt eine Entschädigung in Höhe von € 3.000,00. Das Arbeitsgericht Zwickau hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 09.08.2011 zum 15.09.2011 beendet worden ist und wies die Klage der Klägerin im Übrigen ab.

Das Landesarbeitsgericht korrigiert die erstinstanzliche Entscheidung insoweit, als dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 09.08.2011 aufgelöst worden ist. Zudem erkennt es der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von € 3.000,00 zu.

Das Bundesarbeitsgericht bestätigt die Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Es begründet seine Entscheidung damit, dass die Beklagte die Klägerin wegen ihrer Schwangerschaft ungünstiger behandelt und daher wegen ihres Geschlechtes benachteiligt hat, § 3 Abs. 1 S. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Verbindung mit § 1 AGG. Dies lasse sich aus dem Verstoß gegen das Mutterschutzgesetz ableiten.

Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch schwanger. Mutter und Kind waren noch nicht getrennt. Hinzu kommt, dass die Beklagte versuchte, das aus medizinischen Gründen ausgesprochene Beschäftigungsverbot der Klägerin zu umgehen bzw. die Klägerin zur Weiterbeschäftigung drängte. Diese Umstände indizieren bereits eine Diskriminierung der Klägerin wegen der Schwangerschaft.

Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet, § 15 Abs. 1 AGG. Handelt es sich bei einem Schaden um einen solchen, der nicht Vermögensschaden ist, kann der Betroffene eine angemessene Entschädigung in Geld nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen. Eine Benachteiligung sieht das BAG in der ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft gemäß § 3 Abs. 1 AGG.

Kommentar

Das Bundesarbeitsgericht stärkt mit dieser Entscheidung die Rechte schwangerer Arbeitnehmerinnen. Ist dem Arbeitgeber bekannt, dass eine Mitarbeiterin schwanger ist, besteht für den Arbeitgeber nach § 9 Abs. 1 MuSchG ein absolutes Kündigungsverbot. Der Ausspruch der Kündigung ist während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unzulässig. Umgehungsversuche können, wie dieser Fall zeigt, Entschädigungsansprüche begründen.